Libellenschlupf – Hemimetabole Metamorphose

Die Metamorphose der Libellen

Der Schlupf einer Libelle und die unvollkommene Verwandlung

Grundinformation: Als Metamorphose bezeichnet man die Abwandlung in Gestalt und Lebensweise eines Tieres im Laufe seiner Ontogenese (Individualentwicklung). Die wohl bekanntesten Beispiele liegen sicher in der Welt der Amphibien und der Insekten.


Bei den Fröschen: Aus dem Laich schlüpft eine Kaulquappe, eine „Larve“, die mit Kiemen im Wasser lebt. Nach der Metamorphose zum Frosch, werden die Kiemen durch Lungen ersetzt, die Lebensweise verändert sich.

Die Metamorphosen von Insekten sind grob in zwei Varianten zu unterscheiden:

  • Hemimetabole Metamorphose (Unvollkommene Verwandlung): Frisch aus dem Ei geschlüpfte Jungtiere gleichen bis auf die Proportionen ihren Eltern. Von einem Larvenstadium zum nächsten (von Häutung zu Häutung), entwickeln sich die Geschlechtsorgane und bei geflügelten Formen auch die Flügel. (Heuschrecken, Wanzen, Libellen, Schaben u.a.)
  • Holometabole Metamorphose (Vollkommene Verwandlung): Hier sehen die Larvenstadien völlig anders aus als die adulten Tiere. Nach dem Eistadium und den darauf folgenden Raupen oder Larvenstadien, wird ein weiteres Stadium gesetzt, die Puppe. Aus der Puppe schlüpft dann das „fertige“ Insekt (Käfer, Schmetterlinge, Hautflügler, Zweiflügler).

Die Libelle vom Ei bis zum Imago

Die Weibchen der Libellen legen nach der Paarung auf unterschiedlichste Art ihre Eier. Einige Libellenarten werfen die Eier im Flug entweder ins Wasser oder in trocken gefallene Ufer Bereiche, die im Frühjahr nach der Schneeschmelze wieder überflutet werden. Andere stechen ihre Eier mit ihrem Legebohrer (Ovipositor) in verschiedene Pflanzen, Totholz oder ähnlichem, im und am Wasser, aber auch in den sandigen Grund von Quellbächen.

In den meisten Fällen überwintert das Ei, aus dem im Frühjahr eine Prolarve schlüpft. Innerhalb von Minuten, bei einigen gar von Sekunden, danach schlüpft dann daraus die Larve. Die Entwicklungsdauer wiederum ist sehr unterschiedlich und oftmals abhängig von den Wassertemperaturen. So schafft es z. B. die Frühe Heidelibelle in der relativ kurzen Zeit von ca. 12 Wochen während der Sommermonate eine 2. Generation hervor zu bringen. Hingegen benötigt eine Quelljungfer, die sich in einem kalten, von Schmelzwasser gespeisten Gebirgsbach entwickelt, 5 bis zu 7 Jahre vom Ei bis zum Imago.

Die Larven leben räuberisch im Wasser und häuten sich während ihrer Entwicklungsdauer 8 bis 14 mal, bis sie eines schönen Tages, meist am Morgen, aus dem Wasser klettern, sich ein für ihre Art passendes Plätzchen suchen bzw. an einem geeigneten Schlupfsubstrat hinauf klettern (Pflanzenstängel aller Art, Gräser, Binsen, Seggen, manchmal gar Baumstämme). Dabei legen sie teilweise Strecken von 10 Metern und mehr quer über die Wiese zurück, andere nehmen Pflanzen, die direkt im Wasser stehen. In Höhen zwischen 5 cm und 6 m wurden schon Schlupfvorgänge beobachtet, also auch darin sind die Larven sehr variabel.

Der Schlupfvorgang (Metamorphose) der Segellibellen, Falkenlibellen, Edellibellen, Quelljungfern und Prachtlibellen unterscheidet sich vom Schlupf der Flussjungfern und übrigen Kleinlibellen.

Cordulia aenea-Larve Nachdem die Larven sich nun sicher verankert haben, legen sie eine ca. 15 minütige Ruhephase ein, holen ordentlich viel Luft, was sie bereits durch Auftauchen aus dem Wasser schon ein paar Tage zuvor geübt haben, um ihre Atmung langsam von Wasser- auf Luftatmung mittels Tracheen umzustellen. In dieser Zeit haben sie auch ihre Nahrungsaufnahme eingestellt. Die nun eingeatmete Luft wird in die Hämolymphe (Insektenblut) geleitet und somit der innere Druck erhöht, wodurch die Larvenhaut am Kopf und an den Flügeldecken am Rücken aufplatzt. Cordulia aenea
Nun schiebt sich Millimeter für Millimeter der Körper der noch fast durchsichtigen weiß-grünlichen Libelle, kopfüber aus ihrer Larvenhaut. Cordulia aenea - Kopf und Thorax Cordulia aenea Immer wieder werden dabei kleine Zwischenpausen eingelegt. Cordulia aenea-Ruhephase Nachdem nun nach ca. 15-45 Minuten der Körper 2 Drittel aus der Larvenhaut hängt, bäumt sich die Libelle auf, Cordulia aenea-der Aufschwung ergreift ihre Larvenhaut am Kopf und zieht blitzschnell den Rest des Hinterleibs heraus. Cordulia aenea - Abdomen aus Exuvie Zu diesem Zeitpunkt hängt da ein recht hässliches Etwas, was noch meilenweit von der Schönheit und Grazie einer fertigen Libelle entfernt ist. Großer Blaupfeil

Während des gesamten geschilderten Vorgangs wurde weiterhin unermüdlich Druck im Inneren des Körpers aufgebaut, der nun zunächst in die Flügel und danach in das Abdomen geleitet wird Leucorrhinia albifrons- Ablassen der überschüssigen Hämolymphe (je nach Art auch gleichzeitig in beide Körperteile). Bis die Libelle vollständig aufgepumpt ist, vergehen im Durchschnitt 2,5 -3 Stunden, mit Ausnahme der Flussjungfern und Kleinlibellen, auf die ich gesondert weiter unten noch eingehe. Die Libelle beginnt danach ihren gesamten Körper etwas aushärten zu lassen, gleichzeitig nimmt sie langsam etwas Farbe an. Orthetrum cancellatum beim Aushärten

Nach nunmehr insgesamt ca. 4-5 Stunden (bei schönem Wetter) Großer Blaupfeil vor dem Jungfernflug startet die noch blasse, aber nun schon erkennbare, Libelle zum Jungfernflug, welcher oftmals hoch in den Bäumen endet. Innerhalb der nächsten 10 – 14 Tage entwickelt sie sich – meist abseits von Gewässern – zum geschlechtsreifen und ausgefärbten Imago, um dann zum Wasser zurückzukehren, sich zu paaren und der Kreislauf des Lebens hat sich mit der abschließenden Eiablage geschlossen.

Die Metamorphose der Flussjungfern und Kleinlibellen
(ausgenommen Prachtlibellen)


Im Unterschied zu den Libellenarten der Großlibellen, benötigen Flussjungfern und Kleinlibellen von der Verankerung der Larve bis zum Jungfernflug nur ca. 60 Min. bei günstigen Wetterbedingungen. Ferner schlüpfen Flussjungfern häufig auch in waagerechter Position und nicht stets hängend ,wie es bei den übrigen Familien der Fall ist. Die Flussjungfern sprechen für die gute Anpassungsfähigkeit der Libellen, an nahezu jeden Lebensraum. Sie scheinen fast immer eine Lösung parat zu haben. So sind Fließgewässer oftmals Ebbe und Flut ausgesetzt und haben nicht immer eine geeignete Vegetation an den Ufern. So können Flussjungfern sich einfach an den Strand spülen lassen. An Gewässern mit hoher Fließgeschwindigkeit, kann man Exuvien häufig an Prallhängen finden. Metamorphose von Onxchogomphus cecilia - Flussjungfern - Gomphidae
Es gibt sieben heimische Arten innerhalb der Familie der Flussjungfern, die mehr oder weniger stark gefährdet sind. Fast alle Gomphiden entwickeln sich in Fließgewässern und stellen hohe Ansprüche an die Gewässerqualität.

Zurück bleibt jedoch bei allen Arten die Larvenhaut, die man Exuvie nennt. Anhand dieser Exuvien hat man die Möglichkeit, die an einem Gewässer vorkommenden und vor allem sich dort entwickelnden Arten nachzuweisen. Diese Nachweise sind wissenschaftlich gesehen wertvoller, als die Beobachtungen der dort fliegenden Arten. Libellen sind sehr geschickte, ausdauernde und teilweise auch wanderfreudige Fluginsekten, die mal eben bei günstigen Windverhältnissen, auch schon gelegentlich über die Alpen bei uns ein fliegen. So erreichte z.B. die Feuerlibelle unsere Breitengrade und ist ist aus unserer Flora und Fauna nicht mehr weg zu denken.

Fotos vom Schlupf einer Kleinlibelle. Die Libelle schiebt sich in aufrechter Position aus ihrer Larvenhaut.
Larve einer Kleinlibelle - Coenagrion puellaCoenagrion puella-Schlupf-2Schlupf einer Kleinlibelle - Hufeisen-AzurjungferCoenagrion puella-Schlupf

und noch einige Fotos von schlüpfenden Flussjungfern in verschiedenen Positionen, mal waagerecht, mal senkrecht, mal diagonal.
Schlupf einer Flussjungfer in waagerechter Position - Asiatische KeiljungferSchlupf einer Flussjungfer in waagerechter Position (2)- Asiatische KeiljungferFlussjungfern haben sich an ihren Lebensraum angepasst. Wird ein Fließgewässer von Vegetation umsäumt, wird diese genutzt und die Libelle verankert sich Senkrecht , wie es am Beispiel der Segellibellen gezeigt wurde.Gomphus flavipes - Asiatische Keiljungfer mitten auf der Oder / BrandenburgGomphus flavipes

Von mir verwendete Libellen-Literatur

Viel Spaß auf LibellenWissen.de wünscht

Andreas Thomas Hein